Ob Motor- oder Segelboote, Container- oder Kreuzfahrtschiff, unabhängig von Größe und Art des Schiffes gibt es auch in der Schifffahrt Verkehrsregeln, an die sich jeder auf dem Wasser halten muss. Ebenso wie Autofahrer an Land müssen auch Schiffsführer zur Sicherheit verschiedene Schifffahrtsregeln einhalten, die 1972 von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) verabschiedet wurden und für alle Schiffe einschließlich Sportboote gelten. Diese internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See, meist vereinfacht Kollisionsverhütungsregeln genannt, geben den rechtlichen Rahmen, um die Sicherheit des Schiffsverkehrs auf hoher See zu regeln. Einteilen lassen sich die internationalen Schifffahrtsregeln neben den allgemeinen Regeln mit Informationen zu den Anwendungsbereichen und Begriffsbestimmungen im Wesentlichen in folgende Bereiche:
- Ausweich- und Fahrregeln
- Lichterführung und Signalkörper
- Schall- und Lichtsignale
Die Schifffahrtsregeln zur Kollisionsverhütung
Ausweich- und Fahrregeln
Bei den Ausweich- und Fahrregeln handelt es sich um Schifffahrtsregeln rund um die Geschwindigkeit, das Ausweichen und Kurs halten, das Verhalten im Fahrwasser, Überholvorgänge und Manöver zur Vermeidung von Kollisionen.
Sichere Geschwindigkeit:
Die Geschwindigkeit auf dem Wasser muss so angepasst werden, dass zu jeder Zeit noch Maßnahmen zur Vermeidung von Zusammenstößen erfolgen können. Im Falle einer möglichen Kollision muss das Tempo so gewählt sein, dass das Schiff rechtzeitig zum Stehen kommen kann. Umstände wie die Sichtverhältnisse, die Verkehrsdichte, die Wind-, Seegangs- und Strömungsverhältnisse, die Manövrierfähigkeit des eigenen Wasserfahrzeugs und weitere äußere Gegebenheiten sind zu berücksichtigen.
Gefahr eines Zusammenstoßes vermeiden:
Um einen möglichen Zusammenstoß vermeiden zu können, muss das Schiff mithilfe einer Radaranlage gesteuert werden.
Manöver zur Vermeidung eines Zusammenstoßes:
Manöver müssen rechtzeitig und so groß ausgeführt werden, dass ein ausreichender Passierabstand erreicht wird und andere Schiffe das Manöver erkennen können. Wenn ausreichend Seeraum zur Verfügung steht, ist eine Kursänderung immer die erste Wahl. Je nach Lage müssen die Geschwindigkeit gemindert oder die Motoren gestoppt werden.
Enge Fahrwasser:
Beim Durchfahren von engen Fahrwassern muss das Fahrzeug an der Steuerbordseite so nah wie möglich am Rand hindurchgesteuert werden. Fischerboote dürfen die Durchfahrt anderer Schiffe nicht behindern. Das Ankern ist allenfalls bei besonderen Umständen erlaubt.
Entgegengesetzte Kurse:
Wenn zwei motorisierte Schiffe sich so nähern, dass ein Zusammenstoß passieren könnte, muss jedes Fahrzeug seinen Kurs nach Steuerbord ändern, damit ein Passieren an der Backbordseite ermöglicht wird.
Kreuzende Kurse:
Wenn sich die Kurse von zwei motorisierten Schiffen kreuzen und deshalb Kollisionsgefahr besteht, muss das Fahrzeug ausweichen, das das andere an der Steuerbordseite, also rechts von sich, hat. Das andere Schiff muss den Kurs halten, es sei denn, es muss selbst zur Vermeidung einer Kollision manövrieren.

Ausweichregeln allgemein:
Ein motorisiertes Schiff muss einem manövrierunfähigen, einem manövrierbehinderten und einem fischenden Fahrzeug sowie Segelbooten ausweichen.
Ein Segelschiff muss einem manövrierunfähigen, einem manövrierbehinderten und einem fischenden Fahrzeug ausweichen.
Ein Fischerboot muss, wenn möglich, einem manövrierunfähigen und einem manövrierbehinderten Fahrzeug ausweichen.
Manövrierunfähige und manövrierbehinderte Fahrzeuge haben also immer Vorfahrt vor Fischerbooten. Diese haben wiederum Vorfahrt vor Segelschiffen und Segelschiffe haben Vorfahrt vor motorisierten Schiffen.
Schifffahrtsregeln zur Lichterführung und Signalkörpern
Vorgeschriebene Lichter:
- Topplicht: weißes Licht über der Längsachse des Schiffes
- Seitenlichter: grünes Licht Steuerbord und rotes Licht Backbord
- Hecklicht: weißes Licht am Heck
- Schlepplicht: gelbes Licht am Heck
- Rundumlicht: Licht, das 360 Grad rund herum scheint
- Funkellicht: Licht mit mindestens 120 Lichterscheinungen pro Minute
Welches Wasserfahrzeug muss welche Lichter haben?
Motorisierte Fahrzeuge in Fahrt: Topplicht vorn, zweites, höheres Topplicht, Seitenlichter, Hecklicht
Motorisiertes Fahrzeug mit geringerer Länge als sieben Meter: anstatt Topplichter auch weißes Rundumlicht erlaubt
Segelboote in Fahrt: Seitenlichter, Hecklicht, bei weniger als zwölf Metern Länge stattdessen Dreifarbenlaterne möglich, zusätzlich zu Hecklicht und Seitenlichtern zwei Rundumlichter erlaubt
Fischereifahrzeuge: zwei Rundumlichter, Topplicht, während der Fahrt zusätzlich Seitenlichter und Hecklicht
Fahrzeuge auf Anker: vorne und am Heck jeweils ein weißes Rundumlicht, Beleuchtung der Decks muss bei Schiffen ab 100 Meter Länge eingeschaltet sein
Schifffahrtsregeln hinsichtlich Schall- und Lichtsignalen
Ausstattung der Schiffe: Fahrzeuge von mehr als zwölf Metern Länge müssen eine Glocke und eine Pfeife haben, Schiffe mit mehr als 100 Metern Länge zusätzlich einen Gong
Manöver- und Warnsignale:
ein kurzer Ton: Kurs wird nach Steuerbord geändert
zwei kurze Töne: Kurs wird nach Backbord geändert
drei kurze Töne: Schiffsführer arbeitet rückwärts
Schallsignale bei eingeschränkter Sicht:
Fahrende Maschinenfahrzeuge müssen alle zwei Minuten einen Ton geben
Nicht fahrende Maschinenfahrzeuge müssen alle zwei Minuten zwei aufeinanderfolgende lange Töne geben
Schleppende oder manövrierunfähige Schiffe müssen alle zwei Minuten drei aufeinanderfolgende Töne geben (lang, kurz, kurz)
Notsignale:
Raketen oder Leuchtkugeln in kurzen Abständen
Kanonenschüsse oder andere Knallsignale
anhaltendes Nebelsignalgerät
Morsesignal (SOS)
Sprechfunksignal (Mayday)
weitere Signale wie Rauchsignale
Schifffahrtsregeln auf deutschen Seeschifffahrtsstraßen und Binnenwasserstraßen
Zusätzlich zu den internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation gibt es in Deutschland weitere Schifffahrtsregeln. Diese gelten für die Seeschifffahrtsstraßen und Binnenwasserstraßen, die von Seeschiffen befahren werden, darunter die Elbe und Weser oder Kanäle wie der Nord-Ostsee-Kanal. Maßgeblich sind die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung und die Schifffahrtsordnung Emsmündung.
Schifffahrtsregeln für Binnengewässer
Auf Binnengewässern wie Seen und Flüssen gelten die Schifffahrtsregeln, die durch die Verkehrsordnung für Binnengewässer festgelegt sind. Diese umfassen detaillierte Regelungen für das Führen von Fahrzeugen wie Segel- und Sportbooten, darunter Fahrregeln zur Vorfahrt und zu Manövern, Regeln für Signale oder für das Durchfahren von Brücken.