Interview: Lucienne Damm – Umweltmanagerin bei TUI Cruises

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Lucienne Damm von TUI Cruises
Lucienne Damm von TUI Cruises, © TUI Cruises

„Klimaschutz muss oberste Priorität haben.“

Wir haben mit Lucienne Damm, Umweltmanagerin bei TUI Cruises, über ihre Aufgaben gesprochen. Uns hat sie erzählt, was sich in den vergangenen Jahren im Unternehmen bereits verändert hat und wo es noch Nachholbedarf gibt.

 

Frau Damm, Sie sind Umweltmanagerin bei TUI Cruises. Was sind Ihre Aufgaben?

Damm: Die Umweltabteilung von TUI Cruises ist dafür verantwortlich, dass das Unternehmen in Sachen Umweltschutz auf Kurs bleibt und wir weiterhin in diesem Bereich neue Maßstäbe in der Branche setzen können. Zusammen mit der Geschäftsführung lege ich den strategischen Weg fest, den wir gehen wollen. Über konkrete Projekte, Programme und Maßnahmen setzen mein Team und ich sowie die Kollegen aus allen Unternehmensbereichen dann diese strategischen Ziele in die Tat um.

Meine weitere Aufgabe ist es, die Aktivitäten zu steuern, zu überwachen und der Geschäftsführung gegenüber Bericht zu erstatten. Bei TUI Cruises beschäftigen wir uns gerade sehr intensiv mit der Herausforderung, zukünftig emissionsfreie und klimaneutrale Kreuzfahrten anbieten zu können. Das ist unser übergeordnetes Ziel und damit beschäftige ich mich gerade.

 

Bevor Sie diese Stelle angetreten haben, waren Sie Referentin für Nachhaltigkeit sowie Projektleiterin für den Bereich Verkehrspolitik beim NABU Deutschland. Was hat Sie zu diesem „Seitenwechsel“ bewogen?

Damm: Diese Frage habe ich schon häufiger gestellt bekommen. Tatsächlich ist die Antwort ganz simpel und wie ich finde unspektakulär: Ich wollte konkret etwas bewegen und an tatsächlichen Veränderungen mitwirken. Eine Nichtregierungsorganisation (NGO) hat die Aufgabe, auf Missstände hinzuweisen und grobe Lösungen aufzuzeigen. Häufig bleibt das an der Oberfläche, da viele Themen gleichzeitig bearbeitet werden. Wir hatten bei der NGO natürlich nicht den direkten Einblick in beispielsweise technische Gegebenheiten oder operative Abläufe im maritimen Bereich. Mit dem Wechsel zu einer Reederei und dem Aufbau des Umweltmanagements dort, bot sich mir die Chance, konkret und intensiv an Fragestellungen zum maritimen Umweltschutz mitzuwirken und Lösungen mit technischen Experten zu entwickeln. Das mache ich bis heute noch wahnsinnig gern. Es ist sehr abwechslungsreich, kreativ und sichtbar.

 

Was hat sich verändert, seit Sie als Umweltmanagerin tätig sind?

Damm: Sehr vieles. Ich bin nun seit über 8 Jahren bei TUI Cruises für das Umweltmanagement zuständig und ich glaube, in keiner Branche hat sich innerhalb einer so kurzen Zeit so viel getan. Nicht nur die politische und gesellschaftliche Diskussion über Umweltschutz und Nachhaltigkeit im Tourismus im Allgemeinen ist in den Fokus gerückt, sondern insbesondere auch in der Kreuzfahrt. Die Schifffahrt – und auch hier wieder insbesondere die Kreuzfahrt – setzen Maßstäbe beim Thema Innovationen. Und wir haben aktiv daran mitgewirkt. Die deutsche Kreuzfahrtbranche steht heute als Vorreiter dieser globalen Industrie da – das fasziniert mich immer wieder. Auch wenn natürlich noch einiges vor uns liegt.

 

Welche Maßnahmen/Methoden werden aktuell auf den Schiffen um-/eingesetzt, um sie umweltfreundlicher zu machen? (Abgas, Abfälle, Abwasser, Plastik etc.) Was unterscheidet die Mein Schiff-Flotte von anderen Schiffen?

DAMM: Wir verfolgen einen umfassenden Umweltschutzansatz, das heißt, wir schauen uns alle unternehmerischen Prozesse an. Wir betrachten einerseits die direkten Umweltauswirkungen unserer Schiffe. Das sind beispielsweise Themen wie Emissionsreduktion durch Abgasreinigung und Energieeffizienzmaßnahmen für CO2 Einsparungen für mehr Klimaschutz. Aber auch das tägliche Abfallmanagement und der tägliche Umgang mit Abwässern an Bord sind für uns wichtige Themen. Zusätzlich schauen wir uns die ganze Wertschöpfungskette unseres Produktes an – angefangen vom nachhaltigen Einkauf bis hin zum Lebensmittelangebot.

Logo WASTELESS Programm TUI CRUISES
Logo WASTELESS Programm TUI CRUISES © TUI CRUISES

Auf der Mein Schiff 1 und Mein Schiff 2 haben wir beispielsweise auf den Kabinen nachhaltige, Fairtrade-zertifizierte Textilien aus Biobaumwolle. 2016 haben wir gemeinsam mit der gemeinnützigen Organisation United Against Waste ein großes Projekt zum Thema Lebensmittelverschwendung gestartet und konnten flottenweit die Lebensmittelabfälle um 17 Prozent reduzieren. Aktuell haben wir uns den Plastikmüll an Bord vorgenommen. Mit WASTELESS, unserem Plastikreduktionsprogramm, gehen wir gegen sämtliche Plastik- und Einwegverpackungen an Bord vor. Wir haben mal zusammengezählt, dass wir alleine im vergangenen Jahr schon 30 Millionen Artikel einsparen konnten.

 

Umweltschutz ist aber nicht nur auf dem Wasser ein Thema, oder?

Damm: Nein, als Umweltabteilung kümmern wir uns um alle unternehmerischen Prozesse, auch die an Land. So kompensieren wir beispielsweise seit 2012/13 alle Flüge im Rahmen von Geschäftsdienstreisen. 2018 haben wir 1.726 Tonnen CO2 mit einer Spende von 25.890 Euro an die gemeinnützige Organisation myclimate ausgeglichen. Wir haben ein sehr ausgereiftes Umweltmanagement an den Standorten in Hamburg und Berlin, das umfasst beispielsweise die Nutzung von Ökostrom, ein nachhaltiges Mitarbeitermobilitätsangebot, interne Audits und ständige Produktverbesserung für ein nachhaltigeres Produkt.

 

Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?

Damm: Ein nachhaltigeres Produkt anzubieten ist eine dauerhafte Aufgabe. Wir versuchen einerseits alle Stellschrauben zu identifizieren, wie beispielsweise beim Einkauf, um dort dann nachhaltigere Lösungen und Alternativen umzusetzen. Andererseits tut sich ja heute auf dem Gebiet der nachhaltigen Produktentwicklung unglaublich viel, sodass wir ständig dabei sind zu schauen, wie Innovationen – beispielsweise im Bereich alternative Kraftstoffe oder auch grüne Verpackungen – bei uns im Unternehmen integriert werden können. Die Hauptherausforderung aber für uns, die Kreuzfahrtbranche und die Schifffahrt insgesamt ist es, die Transformation zu nachhaltigen Antriebsformen und Kraftstoffen zu gestalten. Klimaschutz ist und muss oberste Priorität haben.

 

Aktuell scheint das Thema Flüssigerdgas (LNG) in aller Munde. Bei TUI Cruises werden die ersten LNG-Schiffe erst 2024 und 2026 in Dienst gestellt. Was steckt hinter dieser Entscheidung?

Damm: Die Entscheidung, die beiden weiteren, zur Indienststellung in 2024 und 2026 geplanten Schiffsneubauten der Flotte mit dem emissionsarmen Flüssigerdgas zu betreiben, ist eine konsequente Weiterführung unserer Umweltstrategie. Da LNG zukünftig die emissionsärmste Alternative für den Schiffsantrieb der nächsten Jahre ist, gehen wir davon aus, dass die limitierte Verfügbarkeit und die logistischen Herausforderungen, wie beispielsweise die Betankung in Häfen, bis zum Zeitpunkt der Indienststellung gelöst sein werden.

Als Brückentechnologie werden wir LNG nun nutzen, auch wenn die Umstellung auf Flüssiggas weiterhin das CO2 Problem nicht lösen wird. Daher gehen wir jetzt gedanklich schon einen Schritt weiter und schauen, wie wir regeneratives Flüssiggas erzeugen und nutzen können. Das heißt weg vom fossilen Brennstoff zu einem aus erneuerbaren Energien erzeugten Treibstoff. Das müssen wir fest im Blick haben.

 

Abgesehen von LNG – was wären denn noch Antriebe der Zukunft für Kreuzfahrtschiffe?

Damm: Ob Biogas, Brennstoffzelle oder Ähnliches – innerhalb der Kreuzfahrtbranche wird fleißig geforscht. Sie steht für Innovationen, obwohl Kreuzfahrtschiffe weniger als ein Prozent des gesamten Schiffsverkehrs ausmachen. Ein Schwerpunkt liegt aktuell nicht nur auf der Antriebsart, sondern auch auf den Treibstoffen. Wie bereits erwähnt, gerade im Bereich synthetisch hergestellter Treibstoffe, Treibstoffe aus erneuerbaren Quellen oder Reststoffen gibt es sehr interessante kleinere Projekte, die wir genau beobachten.

 

Sind Sie selbst an Bord, um zu sehen, wie die Standards und Vorgaben eingehalten werden?

Damm: Ja, es gehört natürlich dazu, die Schiffe und die Kollegen an Bord regelmäßig zu besuchen, um einen direkten und konstruktiven Austausch aufzubauen. Nur so können wir Strategien und Maßnahmen entwickeln, die an Bord auch akzeptiert und umgesetzt werden. Für den täglichen Schiffsbetrieb haben wir auf jedem unserer Schiffe einen Umweltoffizier, der sich darum kümmert, dass die Standards und Vorgaben an Bord eingehalten werden.

 

Aktuell ist Umweltschutz sehr präsent. Können Sie einschätzen, wie wichtig den Gästen auf der Mein Schiff-Flotte das Thema ist?

Damm: Insbesondere an Bord merken wir, dass das Interesse der Gäste an Umweltthemen zunimmt. Während es beispielsweise bei der nautisch-technischen Fragestunde mit Kapitän und Umweltoffizier früher nur ab und an Nachfragen zum Thema Umwelt gab, ist das inzwischen ein fester Bestandteil. Wir bekommen von Gästen und interessierten Kunden vor und nach der Reise vermehrt umweltbezogene Fragen gestellt – da hören wir schon raus, dass die öffentliche Diskussion auch unsere Kunden bewegt und das Bedürfnis nach Information stark gestiegen ist. Und auch die Reisebüros erzählen uns, dass sie immer häufiger diesbezüglich Nachfragen seitens der Kunden haben. Aktuell hat dies aber keine Auswirkungen auf das Buchungsverhalten.

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Vor Ihrem Start bei der Astoria Kreuzfahrten-Zentrale sammelte Jaqueline Werzinger Ihre ersten Kreuzfahrt-Eindrücke in der Zentrale von AIDA in Rostock. Kein Wunder also, dass sie Feuer und Flamme für die Schiffe mit dem Kussmund ist. Unzählige Reisen hat sie bereits persönlich an Bord dieser Schiffe verbracht und kennt so auch den ein oder anderen Geheimtipp für den Urlaub an Bord. Neben Ihrem Wissen im Hochseebereich entdeckt die ausgewiesene Kreuzfahrt-Expertin auch immer mehr die Faszination der Flusskreuzfahrten.

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