Die Doku „Verrückt nach Meer“ zeigt nicht nur traumhafte Reiseziele, sondern auch das Leben an Bord eines Kreuzfahrtschiffes. Wir haben mit Kapitän Morten Hansen und Kreuzfahrtdirektor Thomas Gleiß gesprochen.
Herr Hansen, Herr Gleiß, Sie haben beide einen beneidenswerten Job. Wie wird man Kreuzfahrtkapitän bzw. Kreuzfahrtdirektor?
MORTEN HANSEN: Ja, mein Job ist sehr spannend. Man darf viele Menschen kennenlernen, arbeitet mit einem tollen Team und lernt nebenbei die Welt und verschiedene Kulturen kennen. Die Ausbildung hat sich seit meiner Zeit sehr verändert. Jetzt besuchen die jungen Kollegen die Seefahrtshochschule, machen ihr Praktikum und erhalten dann ihr Patent. Zu meiner Zeit war die Ausbildung noch weniger High Tech und mehr praktisch ausgerichtet.
THOMAS GLEISS: Kreuzfahrtdirektor ist ein Beruf, den man nicht einfach erlernen kann im Sinne einer Ausbildung und dann wird man auf diese Position gesetzt. Erfahrungen sind die Grundlagen, einmal im touristischen Bereich, im Hotelbereich und dann natürlich das Wissen um die Häfen, welche das Schiff anläuft. Was jetzt noch fehlt, ist die Liebe im Umgang mit den Gästen und die 24-Stunden-Servicebereitschaft sowie die Teamfähigkeit, um an Bord eines Kreuzfahrtschiffes arbeiten zu können. Tja, und dann kann man Kreuzfahrtdirektor werden.

Sie gehen aber nicht nur Ihrem Job nach, sondern stehen auch für die Doku-Serie „Verrückt nach Meer“ vor der Kamera. Wie kann man sich das vorstellen?
HANSEN: Ich mache dennoch meinen Job weiter und wenn etwas in die Kamera passt, dann ist es ok. Es ist natürlich eine zusätzliche Belastung, da die Sicherheit der Passagiere und der Besatzung immer vorrangig ist. Nach so vielen Jahren mit „Verrückt nach Meer“ geht man mittlerweile anders damit um. Man wird einfach geübter und professioneller vor der Kamera.
GLEISS: Nach neun Jahren vor der Kamera hat man seine Anfangsschwierigkeiten im Umgang mit den TV-Teams ja schon fast vergessen. Die Kamera als Begleitung ist sehr gewöhnungsbedürftig, zumal man ja immer weiß, dass – egal was man sagt – dies immer einem sehr großen Publikum zugänglich wird. Heute fällt es mir nicht mehr schwer, natürlich vor der Kamera zu wirken, und ich finde es gut, Zuschauern unsere Arbeit sehr authentisch nahezubringen.
Werden Sie erkannt, wenn Sie nicht an Bord sind?
HANSEN: Ja, sicher. Dies hängt natürlich auch mit dem zunehmenden Bekanntheitsgrad der Serie zusammen.
GLEISS: Je länger die Serie, desto mehr Menschen erkennen mich auf der Straße, im Café, im Supermarkt und so weiter. Mein soziales Umfeld zu Hause ist eigentlich relativ klein. Deshalb ist es umso interessanter und witzig, außerhalb dieses direkten Umfelds festzustellen, wie viele Menschen man mit der Sendung erreicht und wie oft man erkannt wird.
Haben Sie an Bord überhaupt mal Zeit für sich?
HANSEN: Selbstverständlich habe ich auch meine Freizeit, aber der Kopf ist immer beim Schiff. Wenn ich Zeit für mich habe, dann gehe ich gerne spazieren oder Fahrrad fahren, aber auch gerne einmal mit Kollegen an Land zu Kaffee und Kuchen. Man führt oft bessere Gespräche in einer neutralen Umgebung.
GLEISS: Insgesamt verbleibt wenig Freizeit, aber diese versuche ich dann so gut wie möglich zu nutzen. Meine Passion ist logischerweise das Reisen und somit schaue ich mir unsere Routen genau an und versuche, mir in bestimmten Häfen zwei oder drei Stunden Landgang zu genehmigen und mir noch nicht Bekanntes zu erkunden oder neues zu erleben. An Seetagen haben wir letztlich den Tag durchgeplant, sodass hier wenig Zeit verbleibt.
Was macht das perfekte Kreuzfahrtschiff aus?
HANSEN: Das Wichtigste für mich ist, dass die verschiedenen Teams an Bord gut zusammenarbeiten und vor allem in Frieden und Harmonie miteinander leben. Glückliche Gäste, die immer auf neue Ziele neugierig sind. Heutzutage ist ein Kreuzfahrtschiff sehr komplex, hinzu kommen neue Gesetze und Regelungen,
Umweltschutz und die Sicherheit an Bord für Besatzung und Passagiere, was äußerst wichtige Faktoren sind.
GLEISS: Stil, Atmosphäre, Freundlichkeit sowie Dienstleistungsbewusstsein.
Haben Sie als Kapitän eigentlich viel Kontakt zu den Gästen auf Ihrem Schiff, Herr Hansen?
HANSEN: Dies ist ein Teil meiner täglichen Arbeit. Ich mag diese kleinen Small Talks mit den Gästen sehr, daher bin ich oft in den öffentlichen Bereichen unterwegs.
Wohin fahren Sie persönlich am liebsten?
HANSEN: Norwegen, ist doch klar!
GLEISS: Ich liebe Norwegen, das östliche Mittelmeer und die asiatischen Fahrgebiete.
Gibt es Länder, die Sie noch nicht kennen?
HANSEN: Doch, sehr viele, da es ja dennoch einige gibt, die keinen Seefahrtshafen haben.
GLEISS: Nach 29 Jahren auf Kreuzfahrtschiffen verbleibt hier wirklich wenig Unbekanntes.
Geben Sie uns noch einen Einblick in die ein oder andere Anekdote, die Sie auf See erlebt haben?
GLEISS: Unvergessen bleibt für mich ein Anlauf in Indonesien in der Banda Ace-Region. Das ganze Dorf war zur Begrüßung unseres Schiffes angetreten. Man ehrte unsere Passagiere, gab kleine Geschenke und machte gemeinsame Fotos. Der örtliche Kindergarten hatte Lieder vorbereitet und ich durfte übersetzen und sie ankündigen. Zum Abschluss wurde mir mitgeteilt, dass die Kinder als besondere Überraschung für unsere Gäste die deutsche Nationalhymne eingeübt hatten. Alle nahmen entsprechend Haltung an und freuten sich auf das, was kommen würde. Was kam, war nicht unsere Nationalhymne, sondern Marmor, Stein und Eisen bricht.
HANSEN: Unsere Passagiere haben es mit Humor genommen und die Kinder mit kraftvoller Stimme unterstützt.
GLEISS: Und noch etwas. Lange ist es her, dass wir mit einem Schiff nach Sansibar fuhren, damals waren Kreuzfahrten noch „erlebnisreicher“ als heute. Auf der Lotsenstation angekommen forderte unser Kapitän via Funk den Hafenlotsen an. Offensichtlich hatte der Frühstückspause. Im Äther tat sich nichts, kein Funkspruch kam zurück, kein Lotsenboot in Sicht. 800 Passagiere, auch ich und der Kapitän, wurden langsam wegen des Zeitverzugs nervös. Unser Kapitän versuchte weiter, die Lotsenstation zu erreichen, auch schon etwas vehementer, mit der dringenden Bitte uns zu helfen, da wir in den Hafen einlaufen wollten und das logischerweise ohne den Lotsen nicht durften. Nach einer Stunde Bemühungen tauchte ein Boot auf, ging längsseits und ein adrett gekleideter Mann stieg aus, wurde auf die Brücke gebracht und begann unseren Kapitän beim Einlaufen in den Hafen zu unterstützen. An der Pier forderte unser Kadett den vermeintlichen Lotsen auf, die Lotsenpapiere zu unterschreiben. Sehr erstaunt teilte uns der Herr mit, dass er diese leider nicht unterschreiben könne. Er sei nämlich gar kein Lotse, hätte aber unsere Funksprüche gehört und dachte, da könne er helfen. Es war der Bürgermeister der Stadt. Heute werden die Lotsenpapiere schon beim Einstieg kontrolliert, Gott sei Dank war dies damals noch nicht der Fall!