Mit Christian van Zwamen, Kapitän der EUROPA 2, haben wir über die Herausforderungen an Bord eines Kreuzfahrtschiffes, den Gästekontakt und einen lustigen Moment gesprochen.
Würden Sie uns ein wenig über sich verraten?
Ich bin geboren und aufgewachsen im Ruhrgebiet. Nach meinem Wehrdienst bei der Bundesmarine habe ich zunächst ein Schiffbaustudium begonnen, was sich aber als sehr theoretisch herausstellte. So habe ich kurzerhand in die Nautik gewechselt. Nach dem Studium bin ich zunächst auf Frachtschiffen gefahren, bis ich dann 2004 zu Hapag-Lloyd Cruises gegangen bin.
Wollten Sie schon als Kind Kapitän werden?
Nein, das war als Kind nie mein Ziel. Ich fand schon immer Schiffe und Seefahrt faszinierend, aber als Kind des Binnenlandes ist es einfach zu exotisch, als dass es eine konkrete Planung hätte sein können. Erst im Laufe der Zeit stellte ich fest, dass der Beruf die für mich ideale Kombination aus Reisen, Technik und Verantwortung ist.
Was muss man denn mitbringen, um Kapitän eines so grosen Schiffes zu werden?
Die Schiffsgröße hat nur einen geringen Einfluss auf die Ernennung zum Kapitän. Ob man die Verantwortung für 50, 500 oder 5.000 Menschen an Bord hat, macht für mich keinen Unterschied. Es muss jeder an Bord darauf vertrauen können, dass das Schiff sicher geführt wird. Dazu muss man seinen eigenen Fähigkeiten vertrauen, aber gleichzeitig auch Ideen und Anregungen von außen annehmen können, um jede Situation bestmöglich zu meistern.
Was macht der Kapitän genau?
Direkt verantwortlich bin ich natürlich für den Bereich der Nautik, das heißt die Offiziere auf der Brücke und die Matrosen und die Zimmerleute an Deck. Darüber hinaus bin ich so etwas wie der „Betriebsleiter“. Natürlich kann ich dem Hoteldirektor nicht vorschreiben, wie in den Küchen gekocht werden soll, oder dem Kreuzfahrtdirektor, wie die Ausflüge abzulaufen haben. Auch der sehr umfangreiche Bereich der Schiffstechnik liegt in der fachlichen Verantwortung des Leitenden Ingenieurs. So ein Kreuzfahrtschiff ist ja eine schwimmende Kleinstadt mit all ihren Ver- und Entsorgungseinrichtungen.
Die Technik wird immer moderner. Was muss ein Kapitän heutzutage noch machen?
Auf der Brücke selber ist der Automatisierungsgrad relativ gering. Das Schiff macht nichts, was nicht von mir oder den Offizieren manuell veranlasst wurde. Letzten Endes kann das Schiff im freien Seeraum selbständig geradeaus fahren, mehr nicht. Besonders interessant sind natürlich An- und Ablegemanöver, die werden komplett manuell ausgeführt. Gerade bei engen Liegeplätzen oder bei starkem Wind oder Strömung kann das ziemlich spannend sein, denn mehrere zehntausend Tonnen lassen sich nun mal nicht so flink bewegen oder stoppen wie ein Auto.
Wie umfangreich war Ihr längster Aufenthalt auf einem Schiff?
Das war noch zu Beginn meiner Karriere auf Frachtschiffen. Damals fuhren wir noch mindestens sechs Monate am Stück, was zwar auch schon nicht mehr so lange war wie noch in den fünfziger und sechziger Jahren, aber dennoch war es nicht immer leicht, so lange von zu Hause und der Familie getrennt zu sein.
Gibt es in Ihrem Job eine Routine?
Kaum, auch wenn es letzten Endes zwar häufig ähnliche Situationen sind, so sind doch die Umstände immer anders. Und gerade der Umgang mit den Gästen ist immer wieder neu. Überhaupt bietet der Kontakt zu den Gästen immer wieder neue Erfahrungen und Herausforderungen.
Haben Sie viel Kontakt zu den Gästen?
Auf der EUROPA 2 gibt es die klassischen Veranstaltungen wie Captain’s Dinner, Cocktailempfänge oder Galaabende nicht. Aber auch bei den Mahlzeiten, die ich, so oft es meine Zeit erlaubt, mit Gästen zusammen einnehme, ergibt sich ein sehr netter und zwangloser Kontakt. Gerade in kleinerer Runde finden häufig offene Unterhaltungen statt, so dass man das Ohr viel näher am Gast hat als bei großen Runden. Außerdem öffnen wir, wenn es die Situation zulässt, an Seetagen die Brücke für Gäste. Was auch sehr gerne in Anspruch genommen wird.
Haben Sie einen Lieblingsplatz auf dem Schiff?
Zum Frühstück der Yachtclub, um die neuesten Ereignisse auszutauschen, abends besuche ich gerne die Shows im Theater.
Was sind Ihre Lieblingsorte und -häfen?
Als Seemann lernt man viele schöne Gegenden kennen. Vom Naturerlebnis her besonders faszinierend ist die Antarktis, und zu meinen Lieblingshäfen zählen Sydney, Buenos Aires, Stockholm und Hongkong. Aber auch die norwegische Küste ist extrem reizvoll und malerisch.
Hätten Sie noch eine lustige Anekdote für uns?
Bisher habe ich erst ein einziges Mal erlebt, dass es jemand nicht zum Landgangsende zurück an Bord geschafft hat. Irgendwann konnten wir nicht mehr länger warten und mussten ohne diese Person auslaufen. Als wir gerade abgelegt hatten, fuhr auf der Pier ein Taxi vor, aus dem ein wild winkender Mann sprang. Es stellte sich heraus, dass es der zur Unterhaltung der Gäste anwesende Gedächtnistrainer war, der sich eine falsche Auslaufzeit gemerkt hatte.