Deilmann Sisters: Schuld haben immer nur die anderen…

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… die Banker, die Politiker und Geschäftsleute, die sich den Deilmann-Töchtern querstellten. Nun endlich haben sie ihr Schweigen gebrochen und lassen auf über 250 Seiten des Buches „Die wahre Geschichte vom Traumschiff“ ihre Abrechnung mit der Männerwelt zum Ausdruck bringen.

Trotz aller Medienberichte über den Niedergang ihres Unternehmens hielten sich Gisa und Hedda Deilmann mit einer Wortmeldung vornehm zurück. Auch als beide Ende letzten Jahres den Weg in die Privatinsolvenz gehen mussten: kein Kommentar. Ein einziges Interview mit der Illustrierten „Bunte“ bildet die Ausnahme. Doch der versuchte „Befreiungsschlag“ missglückt, geht nach Worten der Deilmanns „nach hinten los“.

Jetzt brechen die Deilmann-Zwillinge ihr Schweigen. In wenigen Tagen erscheint ihr Buch: „Die wahre Geschichte vom Traumschiff“. Auf mehr als 250 Seiten gewähren die Autorinnen einen tiefen Einblick in das Familienunternehmen aus Neustadt (Kreis Ostholstein). Sie berichten sehr emotional von den finanziellen Schwierigkeiten, davon, sich als Chefinnen in einer Branche zu behaupten, die von Männern dominiert wird. Und sie sparen nicht mit Kritik an Banken und dem Unternehmen, das 95 Prozent der Reederei übernahm.

Die Reederei Deilmann hat durch das ZDF-„Traumschiff“ bundesweit einen Bekanntheitsgrad erreicht, von dem andere Konzerne nur träumen. „Schöner Schein – wirft man einen Blick hinter die Kulissen“, heißt es im Klappentext des neuen Buches. In Wirklichkeit werde die Szene von „renditehungrigen Investoren und deren unter Erfolgsdruck stehenden Erfüllungsgehilfen“ geprägt. Die Deilmann- Zwillinge versprechen, das Rätsel aufzulösen, „warum das Traumschiff, wohl weiter unter Wert, in die Fänge einer Finanzholding geriet“, die ihnen „große Versprechungen machte und sie nach kurzer Zeit vor die Tür setzte“. Das klingt nach Abrechnung.

Die betont persönlichen Erinnerungen widmen sich zunächst über viele Seiten dem Vater, der „Story eines Aufstiegs aus dem Nichts“. Danach geht es ans Eingemachte. „Die Firma ist fast am Ende. Die Öffentlichkeit weiß nichts davon.“ Peter Deilmann, so die Schilderung, habe seine Töchter bei einem Waldspaziergang wenige Monate vor seinem Tod über die desaströse finanzielle Lage des Unternehmens unterrichtet. Er habe „einen beträchtlichen Teil seines Privatvermögens“ in die Firma gesteckt, um die größten finanziellen Löcher zu stopfen.

Der Einstieg ins Unternehmen nach dem Tod ihres Vaters erweist sich für die Zwillinge als dornig. Zunächst ist da die Lebensgefährtin von Peter Deilmann. Sie interpretiert den letzten Willen des Reeders nach Angaben dessen Töchter so, dass ihr die Leitung des Unternehmens übertragen wird. „Die Hälfte der Belegschaft hat sich bereits auf die Seite von Frau X. geschlagen.“ Es kommt zu einem Machtkampf.

Als der zu ihren Gunsten entschieden ist, wird es nicht einfacher für die unerfahrenen Deilmann-Frauen. „Wir halten das Ruder keineswegs fest in der Hand. Der Wind pfeift uns nur so um die Ohren. Wir spüren die Skepsis der Mitarbeiter“, heißt es selbstkritisch. In der Schifffahrtsbranche sei „die Emanzipation auf einen Fels gelaufen“. Wenn die Kinder im Bett liegen, „lesen wir noch Hausmitteilungen, schreiben E-Mails bis Mitternacht. Diese Doppelbelastung würde kein Mann aushalten“. Offenbar leiden auch die Kinder. Sie berichten von Äußerungen ihrer Lehrer wie: „Du hast es wohl nicht nötig, wir sind hier nicht auf dem Traumschiff.“

Und trotzdem: Die neuen Reederei-Chefinnen gehen mit Elan daran, die „Deutschland“ auf Vordermann zu bringen („Die weißen Bademäntel kratzen. Auf dem Frühstücksbüfett fehlt eine Auswahl französischer Käse. Die Patisserie zur Kaffeestunde schmeckt wie vom Bäcker nebenan, jedenfalls nicht nach fünf Sternen Superior.“). Es gibt ein Füllhorn an Ideen. So soll das persönliche Gespräch mit wichtigen Kreuzfahrtgästen im Restaurant nicht allein Aufgabe des Kapitäns bleiben. „Die Offiziere, meinen wir, könnten sich auch an der Unterhaltung der Gäste beteiligen. Sie haben doch an ihren dienstfreien Abenden ohnehin nichts vor.“ Die Offiziere sehen das entschieden anders. Sie verweigern auch die Umsetzung eines anderen Vorschlags – als Tanzpartner für alleinstehende Damen bereitzustehen. „Den Gigolo will keiner spielen.“

2009 läuft die Reederei das erste Mal auf Grund. Auf den Flusskreuzfahrern bleiben die US-Gäste aus. In den Staaten ist die Immobilienblase geplatzt. Doch große Kontingente der Schiffe sind an amerikanische Reiseveranstalter verchartert. Auch die Briten buchen nicht mehr. „Eine Hiobsbotschaft reiht sich an die andere.“ In ganzer Breite werden die zähen Verhandlungen mit den Kreditinstituten dargestellt, Korrespondenzen öffentlich gemacht. Das dürfte harter Tobak für die Betroffenen sein. Ein Kernsatz birgt all die Resignation: „Wir spüren es förmlich, wie die Banker ihre Freude daran haben, es den ,beiden kleinen Mädchen’ mal zu zeigen.“ Nach 256 Seiten bilanzieren die ehemaligen Reederinnen mit viel Wehmut: „Die ,Deutschland’ ist nicht mehr unser Schiff.“

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Vor Ihrem Start bei der Astoria Kreuzfahrten-Zentrale sammelte Jaqueline Werzinger Ihre ersten Kreuzfahrt-Eindrücke in der Zentrale von AIDA in Rostock. Kein Wunder also, dass sie Feuer und Flamme für die Schiffe mit dem Kussmund ist. Unzählige Reisen hat sie bereits persönlich an Bord dieser Schiffe verbracht und kennt so auch den ein oder anderen Geheimtipp für den Urlaub an Bord. Neben Ihrem Wissen im Hochseebereich entdeckt die ausgewiesene Kreuzfahrt-Expertin auch immer mehr die Faszination der Flusskreuzfahrten.

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